Auschwitz Parking

2012 – 2014


with text by Lena Reich

Text by Arne Reimann

Mit Auschwitz Parking, „eine dokumentarische Reise zu den Holocaust-Gedenkstätten in Polen“, wie es
im Arbeitstitel hieß, konfrontierte sich Kirill Golovchenko mit Orten von immenser historischer Bedeutung. Der Fokus seiner fotografischen Ortsanalyse liegt dabei auf dem Heute dieser Orte, wie leben die Menschen dort, und ob heute die Spuren der Vergangenheit noch sichtbar sind. Bei seiner Reise konzentrierte er sich auf das heutige Oswiecim in Polen, das er bereits 2011 besuchte. Die Stadt, der unter der Ortsbezeichung Auschwitz in den Geschichtsbüchern steht, hat die traurige Bekanntheit durch den größten Komplexes von deutschen Konzentrationslagern zur Zeit des Nationalsozialismus bekommen, in denen sich unvorstellbare Grausamkeit und Leid zugetragen haben. Die Mitverantwort- lichen des Holocaust und die Überlebenden werden immer weniger und der Künstler stellte sich die Frage, wie heute Bewohner und Touristen die Orte knapp siebzig Jahre nach der Befreiung wahrnehmen.

Aus einer nüchternen, dokumentierenden Distanz heraus untersuchte er fotografisch die historische Stätte, ohne die Konzentrationslager zu zeigen, nahm Situationen auf und portraitierte Menschen. Er suchte nach Bezügen und Zeichen zur nationalsozialistischen Vergangenheit, nach Spuren der Geschichte, ob trotz der Präsenz der ehemaligen Konzentrationslager sich harmlose Aktivitäten an solch einem „besonderen Ort“ einer menschlichen Katastrophe entwickeln können – oder ob es die Vorstellung des Betrachters ist, die Anzeichen dafür zu finden meint.

 

Was er antraf war die globalisierte Welt: Tourismus, Alltag, deutsche Supermarktketten. Die Besucher parken auf dem „Auschwitz Parking“ genannten Abstellplatz, der titelgebend für die Serie ist. Eine Publikation versammelt die Fotografien der Serie, ergänzt durch Texte von Lena Reich: „Im Postkarten- ständer vor dem Souvenir-Shop stecken Ansichtskarten von Hochöfen, Zyklon-B-Dosen oder dem Sonnenuntergang am Stacheldrahtzaun. Magnetbuttons mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ liegen in der Auslage, Perlonstrumpfhosen und Regencapes.

 

Ein ocker-weißer Flachbau legt sich über den riesigen privaten Parkplatz „Auschwitz Parking“. Buchsbäume in diversen Variationen. Beim „Art-Burger“ werden Pizza, Pommes und Coke für 21 Zloty angeboten. Danebenhängt ein Banner: Wechselstube, Internet, Duschen. In einem roten Quadrat weist eine Videokamera auf Überwachung hin: „Monitoring BOSCH“. Ein lebensgroßes Foto von einem Mann in gelber Weste lädt zum Parken ein. Seine Umrisse sind in die Plastikscheiben eines gelben Schutzhäuschens geritzt, mit Sprechblase: „I love my Job.“

 

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das Museum. Angestellte in orangefarbenen Westen flitzen auf die Straße und rudern mit den Armen. Parkplätze gibt es hier viele. Weiter nördlich an der Stanislawy Leszczymskiej, die vom Stammlager 1 nach Brzezinka führt, lockt ein grüner Superheld zum Bummeln in eine Lagerhalle: »SECOND HAND. LEVNE ODEVI. GEBRAUCHTE BEKLEIDUNG«“